Frankfurt: Die Bildungspolitik der schwarz-roten Landesregierung bleibt in den ersten sechs Monaten weit hinter den im Wahlkampf angekündigten Versprechungen der beiden Parteien zurück. Auch im Koalitionsvertrag wurde Bildung als erster Schwerpunkt der Regierung festgeschrieben. CDU und SPD stünden „für beste Bildung und echte Chancen“ und betonen, dass Bildung für jeden Einzelnen „der Schlüssel für ein erfülltes Leben und sozialen Aufstieg“ sei.
Thilo Hartmann, Vorsitzender der hessischen GEW, kritisiert die leeren Versprechungen der Landesregierung im Schulbereich und verteilt ein schlechtes Zeugnis:
Sozialer Aufstieg für jeden Einzelnen kann nur gelingen, wenn die Landesregierung echte Chancengleichheit für alle Kinder herstellt. Davon sind wir aktuell sehr weit entfernt.“ Beispielsweise hat die kürzlich veröffentlichte ifo-Studie dem Bundesland Hessen eines der bundesweit schlechtesten Ergebnisse hinsichtlich der Bildungsgerechtigkeit nachgewiesen. „Hessische Lehrkräfte sind weiterhin schultypübergreifend stark belastet. Die Landesregierung muss mehr tun, als ‚Influencer‘ mit ausgebildeten Lehrkräften gleichzusetzen. Ist der eigens formulierte Anspruch der Landesregierung ernst gemeint, braucht es kleinere Klassen und multiprofessionelle Teams, um die Lehr- und Lernbedingungen zu verbessern“, fordert Hartmann.
Sichtbar wird der Lehrkräftemangel in Frankfurt. Es gibt an vielen Frankfurter Grundschulen nur noch eine Lehrkraft in der gesamten Schule, die das Fach Sport unterrichten darf. Das Fach kann kaum noch flächendeckend unterrichtet werden, weil Stellen nicht entsprechend besetzt werden können. „Heranwachsende bewegen sich seit Jahren zu wenig. Wird nun Sport aufgrund des Lehrkräftemangels an den Frankfurter Schulen gestrichen, käme das einer bildungspolitischen Katastrophe gleich“, stellte Hartmann fest.
In der frühkindlichen Bildung sieht es laut Heike Ackermann, stellvertretende Vorsitzende der hessischen GEW, nicht besser aus:
Zwar wird die praxisintegrierte vergütete Ausbildung weitergeführt und von einer möglichen Förderung können nun ebenfalls die Auszubildenden in der stationären Kinder- und Jugendhilfe profitieren. Aber die Landesregierung investiert insgesamt nicht mehr Geld. Außerdem wurde angekündigt, dass die Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards beim Personal weitere zwei Jahre unterschreiten dürfen.“ Damit würden die von der vorherigen Landesregierung formulierten Anforderungen insgesamt sechs Jahre in Folge gerissen. „Das bedeutet, dass Generationen an Kindern Kitas nur im Ausnahmezustand erlebt haben.“ Die GEW Hessen fordert als Teil des Bündnisses für frühkindliche Bildung Hessen einen besseren Betreuungsschlüssel und zusätzliche Fachkräfte in den hessischen Kitas.
An den Hochschulen ging die Landesregierung laut Simone Claar, stellvertretende Vorsitzende der hessischen GEW, mit guten Zielen in die Legislaturperiode. Diese würden aber zunehmend aus dem Blick geraten:
Positiv ist, dass die Demokratiebildung gestärkt werden soll. Auch die im Zuge der Tarifverhandlungen vereinbarten Entfristungen von 400 Stellen schafft bessere Arbeitsbedingungen. Doch die Beschäftigten an den hessischen Hochschulen sind besorgt aufgrund der rigiden Haushaltspolitik“. Die Hessische Landesregierung kürzt im Jahr 2024 einen zweistelligen Millionenbetrag an den hessischen Hochschulen. Weitere Kürzungen im Haushalt 2025 gelten als wahrscheinlich.