Die erste Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen ist bereits absolviert. Am 24. Januar hatten die Gewerkschaften ihre Forderungen in Potsdam vorgetragen: 8 Prozent mehr Entgelt, mindestens 350 Euro monatlich bei einer Laufzeit von einem Jahr. Für Auszubildende, dual Studierende und Praktikant:innen fordern sie eine Entgelterhöhung um 200 Euro. Darüber hinaus sollen den Beschäftigten umfangreiche Möglichkeiten eingeräumt werden, Entgeltbestandteile auf ein für sie weitgehend frei verfügbares Zeitkonto zu buchen („Meine Zeit“-Konto). Drei zusätzliche Urlaubstage und ein freier Tag als Gewerkschaftsbonus runden den Katalog ab. Die Arbeitgeber legten zum Auftakt keinen Gegenvorschlag vor.
Bereits am 17. und 18. Februar startet die zweite Verhandlungsrunde. Wenn die Arbeitgeber nicht spätestens dann ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen, ist danach mit Warnstreikmaßnahmen zu rechen. Die letzte bisher vereinbarte Verhandlungsrunde wird vom 14. bis 16. März 2025 stattfinden. Die Tarifrunde betrifft deutschlandweit rund 2,5 Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen. Direkt beteiligt sind aus dem Organisationsbereich der GEW vor allem Beschäftigte im Sozial und Erziehungsdienst, also Kolleg:innen, die in Kitas, der Sozialen Arbeit oder auch in Schulbetreuungen bei den Kommunen angestellt sind. Nicht zu vergessen sind die kommunalen Volkshochschulen. Auch in diesen Einrichtungen gibt es Kolleg:innen, deren Arbeitsbedingungen sich nach den Regelungen des TVöD richten.
Anders als bei den „Aufwertungsrunden“ 2015 und 2020 für den kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (rund 300.000 Beschäftigte) geht es jetzt um die Tabellenentgelte aller Beschäftigten bei Bund und Kommunen. Direkt oder indirekt hätte ein mögliches Tarifergebnis auch Auswirkungen für die vielen Arbeitnehmer:innen bei freien Trägern (Wohlfahrtsverbände, kirchliche Einrichtungen). Signalwirkung hat es aber auch für die nachfolgenden Tarifrunden in den anderen Bundesländern sowie für Hessen.
Die Forderungen bilden einen Trend der letzten Jahre ab. Der Wunsch nach mehr Entlastung in Form von freier Zeit spielt angesichts zunehmender Arbeitsverdichtung eine immer größere Rolle. Auch bei der erstmals im Sommer 2024 durchgeführten Mitgliederbefragung der GEW Hessen zu den Tarifforderungen antworteten viele GEW-Kolleg:innen auf die Alternative „Geld oder Zeit?“ mit einem klaren „Sowohl als auch!“. Neben einer kräftigen Lohnsteigerung zur Kompensation der gestiegenen Lebenshaltungskosten soll es eben auch ein Mehr an Entlastung durch freie Zeit geben.
Die Tarifrunde 2025 findet in besonderen Zeiten statt. Wie sich die Neuwahl des Bundestags auf die Tarifrunde auswirkt, lässt sich nicht klar beantworten. Der Bund sitzt neben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) mit am Verhandlungstisch. Die Innenministerin ist möglicherweise beim Tarifabschluss nur noch auf Abruf im Amt. Zu diesen Unwägbarkeiten gesellt sich auch noch eine gesellschaftliche Stimmung, die durch die Rede von leeren Kassen und lahmender Wirtschaft geprägt ist. Es wird also darum gehen, entschiedene und kraftvolle Streiktage auch mit Argumenten zu stützen, die auf die gesellschaftliche Meinungsbildung einwirken.
Mögliche Einwände gegen die Tarifforderungen werden sich sowohl um die Höhe der Entgeltforderung als auch um die Forderung nach mehr freien Tagen in Zeiten des Fachkraftmangels drehen. Dem gegenüber bleibt aus Sicht der GEW festzuhalten, dass ohne diese Verbesserungen ein Verlust von Fachkräften durch Abwanderung aus den sozialpädagogischen Berufen und ein Mangel bei der Gewinnung neuer Fachkräfte zu befürchten sind. Unter den extrem angespannten Bedingungen, die den Alltag in Kitas und Sozialer Arbeit kennzeichnen, ist eine deutlich höhere Attraktivität der Berufe unerlässlich, um wenigstens auf längere Sicht wieder ausreichend Personal finden zu können.
Tarifauseinandersetzungen spielen sich im öffentlichen Raum ab, und es ist nicht unwichtig, wie sich die Öffentlichkeit zu ihnen positioniert. Hier ergeben sich Handlungsmöglichkeiten für die Kolleg:innen bei freien und kirchlichen Trägern: Solidarisiert Euch mit den Forderungen, besucht Kundgebungen und unterstützt die Kolleg:innen im öffentlichen Dienst, die nicht nur für sich selbst, sondern auch für Euch und für eine Perspektive auf gute Arbeitsbedingungen kämpfen!
Weitere, aktuelle Informationen zur Tarifrunde: https://www.gew.de/MEHR
[Übernahme aus HLZ Nr. 2/2025]