Förderrichtlinie

Förderrichtlinie zur Umsetzung des DigitalPakts Schule

2019 bis 2024 | Kurzer Überblick

Die „Förderrichtlinie zur Umsetzung des Digital-Pakts Schule 2019 bis 2024“ wurde am 2. Dezember 2019 im Staatsanzeiger veröffentlicht:

Förderrichtlinie | Staatsanzeiger

Förderrichtlinie DigitalPakt Schule 2019-2024 in Kraft

Am 2. Dezember 2019 wurde im Hessischen Staatsanzeiger die Förderrichtlinie des Hessischen Kultusministeriums zur Umsetzung des DigitalPakts Schule 2019 bis 2024 veröffentlicht. Dies mache, so Kultusminister Lorz, Digitalministerin Sinemus und Finanzminister Schäfer in einer gemeinsamen Presseerklärung, „den Weg frei für einen weiteren deutlichen Ausbau der digitalen Infrastruktur an Hessens Schulen“. Christoph Baumann hat für die HLZ die wichtigsten Regelungen zusammengefasst und gibt Hinweise und Empfehlungen aus Sicht der GEW.

Inhalt der Förderrichtlinien

Grundlagen der Förderrichtlinien sind die von der Bundesregierung vorgelegte „Verwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024“ sowie das Hessische Digitalpakt-Schule-Gesetz (HDigSchulG) vom 25. September 2019. Im Folgenden die wichtigsten Präzisierungen zur Antragstellung durch den Schulträger, wobei wörtliche Zitate aus der Richtlinie kursiv gesetzt sind:

Antragsberechtigt sind die (...) Schul­träger nach §§ 138  bis 140 des Hessischen Schulgesetzes mit Ausnahme des Landes sowie die Träger genehmigter Ersatzschulen im Sinne der §§ 170 und 171 HSchG. [Abschnitt 3.]

Das Ministerium der Finanzen (HMdF) entscheidet über die Förderung der öffentlichen Schulträger und der Ersatzschulträger als Bewilligungsstelle (…) auf Grundlage der in der Anlage zum HDigSchulG festgelegten Kontingente im Einvernehmen mit dem HKM. [Abschnitt 5.1]

Das Land bedient sich zur Finanzierung und Umsetzung der WIBank. Informationen zum Förderprogramm werden über die WIBank bereitgestellt. [Abschnitt 10.1]

Besonders wichtig ist die Auflistung in Abschnitt 2, welche Maßnahmen aus den Mitteln des DigitalPakts finanziert werden können. Förderfähig sind unter anderem die folgenden Maßnahmen:

Aufbau oder Verbesserung der digitalen Vernetzung in Schulgebäuden und auf Schulgeländen (...);

schulisches WLAN;

Aufbau und Weiterentwicklung digitaler Lehr-Lernplattformen (...);

Anzeige- und Interaktionsgeräte (zum Beispiel interaktive Tafeln...) (...);

digitale Arbeitsgeräte, insbesondere für die technisch-naturwissenschaftliche Bildung oder die fachrichtungsbezogene Bildung an beruflichen Schulen (...)

Schulgebundene mobile Endgeräte wie, Notebooks oder Tablets sind nur dann förderfähig, wenn „bei Anträgen für allgemein bildende Schulen die Gesamtkosten für mobile Endgeräte am Ende der Laufzeit des Investitionsförderprogramms 20 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens für alle allgemeinbildenden Schulen des Schulträgers nicht überschreiten; mobile Endgeräte für vorrangig verwaltungsbezogene Funktionen und Smartphones sind nicht förderfähig.“ [Abschnitt 2.1.6c]

Ebenfalls nicht förderfähig sind „laufende Kosten der Verwaltung (Personalkosten, Sachkosten) sowie Kosten für Betrieb, Wartung und IT-Support der geförderten Infrastrukturen“  [Abschnitt 2.4]

Das Leasing von IT-Infrastruktur ist unter bestimmten, in der Richtlinie genannten Bedingungen förderfähig. [Abschnitt 2.2]

Das Antragsverfahren

Dem Antrag des Schulträgers ist ein Medienbildungskonzept der Schule beizufügen, das die folgenden Angaben enthalten und im Fall der öffentlichen Schulträger mit dem Staatlichen Schulamt abgestimmt sein muss:

a) eine Bestandsaufnahme bestehender und benötigter Ausstattung,

b) ein technisch-pädagogisches Einsatzkonzept sowie

c) eine bedarfsgerechte Fortbildungsplanung für die Lehrkräfte

Dem Antrag des Schulträgers muss eine Bestätigung des Staatlichen Schulamts  beigefügt sein,

dass die Maßnahme, für die die Förderung beantragt wird, hinsichtlich der in Buchst. b und c genannten Voraussetzungen auf das Medienkonzept abgestimmt ist. [Abschnitt 10.4]

Das Medienbildungskonzept soll möglichst prägnant und knapp sein. Da es allerdings Teil des Schulprogramms werden soll, muss es auf der schulischen Ebene alle Gremien durchlaufen, die auch das Schulprogramm verabschieden (Gesamtkonferenz, Schulkonferenz). Auch der örtliche Personalrat ist nach den Vorschriften des HPVG zu beteiligen, insbesondere bei „Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und zur Erleichterung der Arbeitsorganisation“, bei  „allgemeinen Grundsätzen der Fortbildung“ oder bei technische Einrichtungen, „die dazu geeignet sind, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen“.

Auf Anfrage des Hauptpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer (HPRLL) erklärte das HKM, dass das von der Schule eingereichte Konzept von einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des Schulträgers und des jeweiligen Staatlichen Schulamtes geprüft und genehmigt werden muss. Auch der jeweilige Gesamtpersonalrat soll beteiligt werden. Den eigentlichen Förderantrag stellt dann der Schulträger, der zunächst von der WIBank geprüft und danach über das HKM an das Finanzministerium als „Bewilligungsstelle“ weitergeleitet wird.

Positionen der GEW Hessen

Eines steht jetzt schon fest: die Mittel werden bei weitem nicht ausreichen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Bremen taxieren die Kosten für eine angemessene Ausstattung der allgemeinbildenden Schulen auf rund 2,8 Milliarden Euro pro Jahr. Die im Rahmen des Digitalpakts vorgesehenen Mittel von fünf Milliarden Euro über die gesamte Laufzeit von fünf Jahren decken somit nur ein gutes Drittel des erwarteten Bedarfs der allgemeinbildenden Schulen. Werden auch die Mehrbedarfe der berufsbildenden Schulen berücksichtigt, so decken die Mittel – auch unter Berücksichtigung der Kofinanzierung durch die Länder und Kommunen – nach Berechnungen der GEW nicht mehr als ein Viertel des Gesamtbedarfs aller Schulformen (HLZ 12/2019, S.24f).

Aber wenigstens sollten die vorhandenen Mittel angefordert werden und das darf nach Meinung der GEW nicht über die Köpfe der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen erfolgen! Deshalb erhebt die GEW folgende Forderungen:

Die an der Erstellung der Medienbildungskonzepte beteiligten Kolleginnen und Kollegen müssen für diese zusätzliche Arbeit freigestellt bzw. ausreichend entlastet werden.

Die Personalräte aller Ebenen sollen von ihren Dienststellenleitungen eine Beteiligung einfordern, da die Folgen aus den Investitionen und Maßnahmen des Digitalpakts verschiedene Arbeitsbereiche der Lehrkräfte betreffen. Genannt seien hier vor allem:

  • die Gestaltung des Unterrichts,
  • mögliche oder tatsächliche Gruppengrößen von Klassen und Kursen,
  • erhöhter Evaluationsaufwand,
  • Verpflichtungen, die sich aus dem Umgang mit Hard- und Software ergeben, und mögliche Haftungsanforderungen,
  • veränderte oder verstärkte Aufsichts­anforderungen,
  • Belastungen durch Elektrosmog oder Geräteausdünstungen,
  • Anforderungen an die Arbeitsplatzergonomie (siehe Arbeitsschutzrichtlinien zu Computerarbeitsplätzen),
  • Datenschutzanforderungen,
  • Fortbildungsbedarf und Fortbildungsgestaltung

Schon jetzt sind große Unterschiede in der Vorgehensweise der Schulträger erkennbar. Schulträger und Schulämter dürften mit der geforderten intensiven Prüfung aller schulischen Anträge allein aufgrund der großen Zahl von Schulen überfordert sein, so dass pauschale Standards entwickelt werden müssen. So gibt es bereits Konzepte zu einer „Musterausstattung“, die dann zum Maßstab für die Vergabe werden könnten, so dass ambitionierte pädagogische Konzepte auf der Strecke bleiben. Umgekehrt ist auch denkbar, dass „digitale Leuchtturmschulen“ besonders ausgestattet werden und andere mit weniger spektakulären Konzepten (noch weiter) abgehängt werden. Deshalb muss – zumindest auf der Ebene eines Schulamtsbezirks – auf eine vergleichbare Umsetzung der Mittelvergabe gedrängt werden.

Probleme beim IT-Support

Nach wie vor ungelöst ist die Supportfrage. Deshalb fordert die GEW die Personalräte, Schulleitungen und IT-Beauftragten auf, das Problem immer wieder auf den Tisch zu legen. In der GEW-Studie „Mehrbedarfe für eine adäquate digitale Ausstattung der berufsbildenden Schulen im Lichte des Digitalpakts“ benennen Roman George und Ansgar Klinger den IT-Support mit 180 Euro pro Schülerin oder Schüler im Jahr als den mit Abstand größten Kostenblock:

„Insbesondere zur Bereitstellung des technischen Supports durch IT-Fachkräfte besteht ein erheblicher Personalbedarf, denn diese Aufgabe kann und soll nicht von den Lehrkräften zusätzlich geleistet werden. Wir schätzen in Anlehnung an die genannte Studie, dass pro 300 bis 400 Endgeräten eine Vollzeitstelle für die Systemadministration benötigt wird. Das entspricht für die hessischen Schulträger einem Volumen von 460 bis 614 Stellen, allein für die Systemadministration an den berufsbildenden Schulen.“ (HLZ 12/2019, S.25)

Angesichts der Tatsache, dass an den allgemeinbildenden Schulen rund drei Mal so viel Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden wie an den Berufsschulen, kann sich jeder selbst ausrechnen, wie groß der Gesamtbedarf an Administratoren ist. Genau diese Personalkosten der Schulträger sind jedoch nach der jetzt vorliegenden Förderrichtlinie nicht förderfähig.

Abschließend noch eine Anmerkung zu den in der Förderrichtlinie festgelegten „Zweckbindungsfristen“:

Bei baulichen Maßnahmen beträgt die Zweckbindungsfrist mindestens fünfundzwanzig Jahre. Für Wirtschaftsgüter (…) gilt eine Zweckbindungsfrist von mindestens fünf Jahren. Im Übrigen beträgt die Zweckbindungsfrist mindestens zehn Jahre. [Abschnitt 4.4]

Als „Wirtschaftsgüter“ definiert die Richtlinie u.a. das schulische WLAN, interaktive Tafeln, digitale Arbeitsgeräte und schulgebundene mobile Endgeräte. Wenn also ein mit Zuwendungsmitteln beschaffter Gegenstand innerhalb der Zweckbindungsfrist verloren geht oder zerstört wird, dann hat der Zuwendungsempfänger eine Ersatzbeschaffung auf eigene Kosten vorzunehmen. Das bedeutet aber auch, dass alles, was aus Mitteln des Digitalpakts finanziert wird, mindestens für fünf, zehn oder sogar 25 Jahre erhalten werden muss. Diese „Zweckbindungsfristen“ erscheinen vor dem Hintergrund des rasanten Wandels im Digitalsektor mehr als weltfremd und kaum praktikabel.

Christoph Baumann